
Wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Aufstieg
Das 17. Jahrhundert gilt als das „Goldene Zeitalter“ der Niederlande. Seit 1581 wurde allen Untertanen der Niederländischen Republik Religionsfreiheit zugestanden. An dem wirtschaftlichen Aufschwung und der kulturellen Blüte, besonders der Städte, hatten auch die niederländischen Mennoniten Anteil.
Auf dem weltberühmten Gemälde Rembrandts (1662) sind neben dem Mennoniten Volckert Jansz (1605-1681) als weitere Mitglieder der Tuchmacherzunft zwei Katholiken, ein Remonstrant und ein Reformierter abgebildet. Ihre Aufgabe war es, die Qualität der Stoffe zu begutachten, zu klassifizieren und in einem Buch zu verzeichnen.
Neben Volckert Jansz wurde noch ein weiterer mennonitischer Tuchhändler von Rembrandt im Bild festgehalten: Cornelis Claesz Anslo (1592-1646). Die beiden von Rembrandt abgebildeten mennonitischen Tuchhändler stehen beispielhaft für den wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg der Mennoniten. Im 17. Jahrhundert waren Haarlem und Amsterdam zu Zentren der Seidenproduktion und des Seidenhandels geworden, die weitgehend von Mennoniten beherrscht wurden. Cornelis Claesz Anslo etwa besaß 225 Webstühle. Er war Vorsteher der waterländischen Gemeinde in Amsterdam und verfügte über weitreichende geschäftliche Beziehungen, etwa in den Ostseeraum nach Danzig, wo Verwandte von ihm lebten. Rembrandt porträtierte ihn mehrfach.
Die Beispiele von Anslo und Jansz zeigen auf eindrückliche Weise: Aus einer verfolgten Minderheit war binnen eines Jahrhunderts eine sozial anerkannte wirtschaftliche und kulturelle Elite geworden. Einigen mennonitischen Familien war es gelungen, sehr erfolgreich zu sein, sei es in der Buchproduktion, im Handel oder als Reeder, Investor oder Unternehmer. Viele Mennoniten waren zudem im internationalen Import- und Exportgroßhandel tätig oder als Immobilieninvestoren.
Ob man mennonitische Prinzipien angesichts dieser veränderten Lage aufrechterhalten konnte bzw. musste, gab immer wieder Anlass zu Diskussionen in den Gemeinden, auch zu Ermahnungen bis hin zum Ausschluss. So war es z.B. üblich, dass Unternehmer im Import- und Exporthandel ihre Waren auf Schiffen transportieren ließen, die durch bewaffnete Konvois oder Kanonen an Bord vor Überfällen geschützt wurden. Diese Praxis wurde weitgehend geduldet. Ein weiteres Problem stellte die Eidesleistung dar. Den Amsterdamer Mennoniten wurde zugestanden, beim Erwerb des Bürgerrechts ihre Aussagen lediglich zu „bekräftigen“; sie mussten keinen Eid schwören.
Auch in Hamburg-Altona und Krefeld gab es erfolgreiche mennonitische Kaufleute, die meistens aus den Niederlanden zugewandert waren. In Hamburg waren mennonitische Familien im Walfang und im Fernhandel tätig. Krefeld verdankte seinen Aufstieg zur führenden Stadt in der Leinen- und Seidenindustrie mennonitischen Unternehmern.
Gemälde:
Der Mennonitenprediger Cornelis Claesz Anslo (1592-1646) und seine Frau Aeltje Gerritsdr Schouten, 1641: Gemäldegalerie :: museum-digital:staatliche museen zu berlin